Die wichtigste Börse Deutschlands zog Kapital aus aller Welt an, die High Society Preußens richtete sich Palais ein, die Bürgeschaft flanierte zwischen gigantischen Kaufhäusern, riesige Prachtplätze wurden geplant, manche sogar gebaut. Heute ist von dem beeindruckenden Zentrum des Berlins der 1920er kaum noch etwas übrig.
2020 wird Berlin einhundert Jahre alt. Aber eine offene Debatte über die Berliner Altstadt findet in der Politik noch immer kaum statt – auch, weil das Thema ideologisch belastet ist. Dabei eignet sich kein Ort weniger für eine Vereinnahmung von irgendeiner Seite. Proletarisch, bürgerlich, adelig, intellektuell, multikulturell, multireligrös – die Altstadt war all das. Also begeben wir uns auf die Spur der verlorenen Mitte. In historischen Karten, Fotos und Luftbildern wollen wir in drei Kapiteln einen Eindruck davon vermitteln, wie Berlin kurz vor seiner Zerstörung durch Verkehrsplanungen und den Zweiten Weltkrieg aussah. Viel Spaß beim Erkunden!
I – Macht & Markt
Es war ein rasanter Wandel. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde das Zentrum Berlins innerhalb kürzester Zeit vom Wohnort zum Wirtschaftszentrum umgebaut – und zu Preußens politischer Schaltzentrale. Bis zur Bildung der Metropole Groß-Berlin im Jahr 1920 halbierte sich die Bevölkerungszahl im alten Stadtkern auf 20.000 Einwohner. Der Prozess setzte sich seither nahezu ununterbrochen fort. Heute leben weniger als 8000 Menschen auf dem Gebiet der früheren Altstadt.
Die kleinteilige mittelalterliche Bebauung verschwand Stück für Stück zugunsten großer Blöcke für Büros und Gewerbe. Der Berliner Magistrat und später die Nationalsozialisten planten etwa rund um das Rathaus einen monumentalen Verwaltungsbezirk und gaben dafür komplette Viertel dem Abriss preis. Dazu kam der Verkehr. Ganze Häuserzeilen wichen dem Siegeszug der Kutschen und Autos. Die Stadt entwickelte sich zum einflussreichen Finanzdistrikt. Die Hauptstraßen des alten Berlins wandelten sich zur zentralen Shopping-Destination Preußens. Diese Orte spielten dabei eine besonders wichtige Rolle:
Die Berliner Börse gehörte zu den wichtigsten Handelsplätzen der Welt.Foto: Imago
Der Aufstieg Preußens machte die Berliner Börse bis zum Ersten Weltkrieg zur wichtigsten Börse der Welt neben New York und London. Seit dem Umzug der Börse vom Lustgarten in die Burgstraße 1863 wurde hier maßgeblich der preußische Handel bestimmt. Drum herum siedelten sich bald Dienstleister aus dem Finanz- und Kreditwesen an.
Für den Neubau der Börse wurde die Spree verschmälert und Land aufgeschüttet, um genügend Platz für all die Kutschen und ersten Autos zu schaffen. Bei der neuen Stadtbahn bekam die Börse einen eigenen Bahnhof.
Der Aufstieg Preußens machte die Berliner Börse bis zum Ersten Weltkrieg zur wichtigsten Börse der Welt neben New York und London. Seit dem Umzug der Börse vom Lustgarten in die Burgstraße 1863 wurde hier maßgeblich der preußische Handel bestimmt. Drum herum siedelten sich bald Dienstleister aus dem Finanz- und Kreditwesen an.
Für den Neubau der Börse wurde die Spree verschmälert und Land aufgeschüttet, um genügend Platz für all die Kutschen und ersten Autos zu schaffen. Bei der neuen Stadtbahn bekam die Börse einen eigenen Bahnhof.
Karte: Straube-Plan 1910, Landesarchiv Berlin, Histomap Berlin
Forscher statt Broker
Heute heißt dieser Bahnhof Hackescher Markt. Die Börse wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört und 1958 abgerissen. Nach Kriegsende wurde sie in West-Berlin neu gegründet, erreichte jedoch nie wieder ihre einstige Bedeutung. Wo die Börse stand, steht heute as Bürogebäude „SpreePalais“. Mieter sind unter anderem Helmholtz-Zentrum und Fraunhofer-Forum.
Heute heißt dieser Bahnhof Hackescher Markt. Die Börse wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört und 1958 abgerissen. Nach Kriegsende wurde sie in West-Berlin neu gegründet, erreichte jedoch nie wieder ihre einstige Bedeutung. Wo die Börse stand, steht heute as Bürogebäude „SpreePalais“. Mieter sind unter anderem Helmholtz-Zentrum und Fraunhofer-Forum.
Die größte Markthalle der Stadt versorgte Millionen Menschen mit Essen.Bild: AKG-images/arkivi
Noch vor dem Finanzmarkt kam der eigentliche Markt. An vielen Orten Berlins prägten Wochenmärkte das soziale Leben, etwa auf dem Neuen Markt und dem Molkenmarkt (siehe Kapitel III). Ab 1883 sollten moderne Markthallen die alten Wochenmärkte ersetzen. Die neue Zentralmarkthalle war das Zentrum der Lebensmittelversorgung für Millionen Berliner. Denn von hier aus wurden auch die anderen 14 neu gebauten Markthallen beliefert. Gesteuert wurden sie über die Zentralmarkthalle zwischen Neuer Friedrichstraße und Dircksenstraße. Die beiden Bauten wurden bis 1893 eröffnet, boten Platz für mehr als 2000 Stände und erhielten eine eigene Rampe mit Gleisanschluss an die Fernbahn. Dort wurden Lebensmittel aus Italien, der Türkei, Dänemark, Holland oder Österreich angeliefert.
Noch vor dem Finanzmarkt kam der eigentliche Markt. An vielen Orten Berlins prägten Wochenmärkte das soziale Leben, etwa auf dem Neuen Markt und dem Molkenmarkt (siehe Kapitel III). Ab 1883 sollten moderne Markthallen die alten Wochenmärkte ersetzen. Die neue Zentralmarkthalle war das Zentrum der Lebensmittelversorgung für Millionen Berliner. Denn von hier aus wurden auch die anderen 14 neu gebauten Markthallen beliefert. Gesteuert wurden sie über die Zentralmarkthalle zwischen Neuer Friedrichstraße und Dircksenstraße. Die beiden Bauten wurden bis 1893 eröffnet, boten Platz für mehr als 2000 Stände und erhielten eine eigene Rampe mit Gleisanschluss an die Fernbahn. Dort wurden Lebensmittel aus Italien, der Türkei, Dänemark, Holland oder Österreich angeliefert.
Karte: Straube-Plan 1910, Landesarchiv Berlin, Histomap Berlin
Vom Markt zum Shoppingcenter
In der DDR wurde die Zentralmarkthalle in den 60ern als „Berliner Markthalle am Alex” neu gestaltet.Bild: Bundesarchiv, Bild 183-1988-0712-017 / CC-BY-SA 3.0, aufgenommen 1988
Der Warenverkehr dominierte früher das ganze nördliche Altstadtviertel, Fuhrwerke mit Lebensmitteln und toten Tieren verstopften die Kaiser-Wilhelm-Straße. Im Zweiten Weltkrieg wurden die Hallen schwer beschädigt, 1968 endgültig abgerissen. Die DDR errichtete hier einen Neubau, die „Berliner Markthalle am Alex“, es eröffneten Lebensmittelläden und Imbisse. Nach der Wende wurde die Markthalle zum „Berlin Carré“, einem Shoppingcenter. Das Konzept ging nie ganz auf. 2013 schloss auch das Carré.
Der Warenverkehr dominierte früher das ganze nördliche Altstadtviertel, Fuhrwerke mit Lebensmitteln und toten Tieren verstopften die Kaiser-Wilhelm-Straße. Im Zweiten Weltkrieg wurden die Hallen schwer beschädigt, 1968 endgültig abgerissen. Die DDR errichtete hier einen Neubau, die „Berliner Markthalle am Alex“, es eröffneten Lebensmittelläden und Imbisse. Nach der Wende wurde die Markthalle zum „Berlin Carré“, einem Shoppingcenter. Das Konzept ging nie ganz auf. 2013 schloss auch das Carré.
Weil das Rote Rathaus zu klein wurde für die wachsende Stadt, wurde ein zusätzliches Rathaus gebaut.Bundesarchiv, CC-BY-SA 3.0 (1963)
Neben den neuen Handelsplätzen spielte die Zentralisierung der Politik in der Altstadt eine entscheidende Rolle beim Umbau der Altstadt zum Geschäftsviertel. Weil sowohl Berlins Wirtschaft als auch seine Bevölkerung rasant wuchs, wurde das Rote Rathaus bald zu klein für die Verwaltung. Also plante man den Bau eines „zweiten Rathauses“. Jahrzehntelang wurde darüber diskutiert, die Stadt schloss Vorverträge mit Grundstückseigentümern ab, die in der Folge kaum noch in die Erhaltung ihrer Gebäude investierten. 1910 wurde es schließlich als „Neues Stadthaus“ gebaut, zwischen Klosterstraße und Stralauer Straße. Man räumte den Block dafür vorher komplett ab.
Neben den neuen Handelsplätzen spielte die Zentralisierung der Politik in der Altstadt eine entscheidende Rolle beim Umbau der Altstadt zum Geschäftsviertel. Weil sowohl Berlins Wirtschaft als auch seine Bevölkerung rasant wuchs, wurde das Rote Rathaus bald zu klein für die Verwaltung. Also plante man den Bau eines „zweiten Rathauses“. Jahrzehntelang wurde darüber diskutiert, die Stadt schloss Vorverträge mit Grundstückseigentümern ab, die in der Folge kaum noch in die Erhaltung ihrer Gebäude investierten. 1910 wurde es schließlich als „Neues Stadthaus“ gebaut, zwischen Klosterstraße und Stralauer Straße. Man räumte den Block dafür vorher komplett ab.
Karte: Straube-Plan 1910, Landesarchiv Berlin, Histomap Berlin
Vom Neuen zum Alten Stadthaus
Zunächst hieß es „Neues Stadthaus“, bis dieser Name nach der Bildung Groß-Berlins von einem weiteren Erweiterungsbau nebenan übernommen wurde. Also wurde das „Neue Stadthaus“ zum „Alten Stadthaus“ Die Gebäudeform ist noch zu großen Teilen erhalten. Heute hat hier die Senatsverwaltung für Inneres und Sport ihren Sitz.
Zunächst hieß es „Neues Stadthaus“, bis dieser Name nach der Bildung Groß-Berlins von einem weiteren Erweiterungsbau nebenan übernommen wurde. Also wurde das „Neue Stadthaus“ zum „Alten Stadthaus“ Die Gebäudeform ist noch zu großen Teilen erhalten. Heute hat hier die Senatsverwaltung für Inneres und Sport ihren Sitz.
1928 arbeiteten im Kaufhaus Nathan Israel bereits knapp 2000 Angestellte, der Jahresumsatz betrug gut 34 Millionen Reichsmark.Bild: Berlin-Mitte-Archiv um 1938
Es war lange Zeit das größte Kaufhaus Berlins. 1843 wurde das Kaufhaus N. Israel vom jüdischen Leinenwarenhändler Nathan Israel eröffnet, dann immer wieder erweitert, bis es den kompletten Block gegenüber vom Roten Rathaus einnahm. Die Fassade verlief entlang der Spandauer Straße. Sie war neben der Königstraße die zweite Hauptstraße der Altstadt, die Kreuzung Spandauer/Königstraße der zentrale Punkt der bürgerlichen Altstadt. Gleich mehrere weitere Kaufhäuser warben in der Gegend um Kunden, darunter auch das ebenfalls gigantische Warenhaus Rudolph Hertzog auf der Fischerinsel. Wegen der Nähe zum Schloss war die Spandauer Straße zudem eine beliebte Wohnstraße für Hofbedienstete.
Es war lange Zeit das größte Kaufhaus Berlins. 1843 wurde das Kaufhaus N. Israel vom jüdischen Leinenwarenhändler Nathan Israel eröffnet, dann immer wieder erweitert, bis es den kompletten Block gegenüber vom Roten Rathaus einnahm. Die Fassade verlief entlang der Spandauer Straße. Sie war neben der Königstraße die zweite Hauptstraße der Altstadt, die Kreuzung Spandauer/Königstraße der zentrale Punkt der bürgerlichen Altstadt. Gleich mehrere weitere Kaufhäuser warben in der Gegend um Kunden, darunter auch das ebenfalls gigantische Warenhaus Rudolph Hertzog auf der Fischerinsel. Wegen der Nähe zum Schloss war die Spandauer Straße zudem eine beliebte Wohnstraße für Hofbedienstete.
Karte: Straube-Plan 1910, Landesarchiv Berlin, Histomap Berlin
Nazis, Bomben, Plattenbauten
Während des Aufstiegs des Nationalsozialismus demonstrierte die SA vor dem Kaufhaus und rief zum Boykott jüdischer Geschäfte auf. Im Rahmen der Arisierung wurde die Familie Israel gezwungen, das Gebäude zu verkaufen. Das Kaufhaus fiel den Bomben im Zweiten Weltkrieg zum Opfer. Ein Stolperstein erinnert heute an der Stelle an das Kaufhaus. An seiner Stelle stehen hier Plattenbauten des Nikolaiviertels.
Während des Aufstiegs des Nationalsozialismus demonstrierte die SA vor dem Kaufhaus und rief zum Boykott jüdischer Geschäfte auf. Im Rahmen der Arisierung wurde die Familie Israel gezwungen, das Gebäude zu verkaufen. Das Kaufhaus fiel den Bomben im Zweiten Weltkrieg zum Opfer. Ein Stolperstein erinnert heute an der Stelle an das Kaufhaus. An seiner Stelle stehen hier Plattenbauten des Nikolaiviertels.
Das Hofpostamt war der wichtigste Umschlagplatz für Geld und Waren in Preußen.Bild: Getty/ullstein
Nicht nur Handel und Politik beherrschten die alte Berliner Innenstadt, sondern auch die Kommunikation. Der „Postblock“ zwischen Königstraße und Spandauer Straße war das Nachrichtenzentrum Preußens. In dem Riesenkomplex, der ab 1874 gebaut wurde, wurden das Hofpostamt für die Königliche Post, das Briefpostamt für die Historische Mitte und der Dienstsitz des Oberpostdirektors untergebracht. Dort gab es Hallen mit Schaltern für Brief- und Paketsendungen und das Postscheckamt – der Vorläufer der Postbank. Die Abwicklung des Geldverkehrs im Königreich und seiner Hauptstadt war eine der wichtigsten Funktionen des Postamts.
Auch die Fernsprechvermittlungsstelle V hatte hier ihren Sitz. Rund um den Postblock kam Berlin niemals zur Ruhe. Pro Tag wurden mehrere 10.000 Pakete angenommen und verschickt. Dabei diente die Post auch als Lieferzentrum für die umliegenden Warenhäuser. Dienstboten brachten die gekauften Waren schon verpackt ins Amt, Postboten trugen sie mehrfach am Tag in die ganze Stadt aus.
Nicht nur Handel und Politik beherrschten die alte Berliner Innenstadt, sondern auch die Kommunikation. Der „Postblock“ zwischen Königstraße und Spandauer Straße war das Nachrichtenzentrum Preußens. In dem Riesenkomplex, der ab 1874 gebaut wurde, wurden das Hofpostamt für die Königliche Post, das Briefpostamt für die Historische Mitte und der Dienstsitz des Oberpostdirektors untergebracht. Dort gab es Hallen mit Schaltern für Brief- und Paketsendungen und das Postscheckamt – der Vorläufer der Postbank. Die Abwicklung des Geldverkehrs im Königreich und seiner Hauptstadt war eine der wichtigsten Funktionen des Postamts.
Auch die Fernsprechvermittlungsstelle V hatte hier ihren Sitz. Rund um den Postblock kam Berlin niemals zur Ruhe. Pro Tag wurden mehrere 10.000 Pakete angenommen und verschickt. Dabei diente die Post auch als Lieferzentrum für die umliegenden Warenhäuser. Dienstboten brachten die gekauften Waren schon verpackt ins Amt, Postboten trugen sie mehrfach am Tag in die ganze Stadt aus.
Karte: Straube-Plan 1910, Landesarchiv Berlin, Histomap Berlin
Gesprengte Geschichte
Im Zweiten Weltkrieg wurde der Postblock schwer beschädigt, die letzten Reste wurden 1971 für die Anlage des Marx-Engels-Forums gesprengt.
Im Zweiten Weltkrieg wurde der Postblock schwer beschädigt, die letzten Reste wurden 1971 für die Anlage des Marx-Engels-Forums gesprengt.
Das Kaufhaus Rudolph Hertzog um 1900.Bild: akpool/Wikipedia, Ersteller unbekannt, um 1900
Neben der Post, der Politik und dem Finanzwesen war das Leben in dem Viertel bis zum zweiten Weltkrieg stark von den einkaufenden Bürgern geprägt. Wie das Kaufhaus N. Israel erreichte vor allem das Kaufhaus Rudolph Hertzog riesige Ausmaße. Als eines der ältesten und größten Kaufhäuser Berlins entstand es schon ab 1839 in der Breiten Straße. Rudolph Hertzog kaufte zur Erweiterung Zug um Zug fast den kompletten Block Breite Straße/Brüderstraße/Neumannsgasse/Scharrenstraße auf und baute 1909 dort ein zusammenhängendes Warenhausensemble. Nicht weit davon eröffnete übrigens 1901 Peek & Cloppenburg das eines seiner ersten zwei Kaufhäuser in Deutschland.
Neben der Post, der Politik und dem Finanzwesen war das Leben in dem Viertel bis zum zweiten Weltkrieg stark von den einkaufenden Bürgern geprägt. Wie das Kaufhaus N. Israel erreichte vor allem das Kaufhaus Rudolph Hertzog riesige Ausmaße. Als eines der ältesten und größten Kaufhäuser Berlins entstand es schon ab 1839 in der Breiten Straße. Rudolph Hertzog kaufte zur Erweiterung Zug um Zug fast den kompletten Block Breite Straße/Brüderstraße/Neumannsgasse/Scharrenstraße auf und baute 1909 dort ein zusammenhängendes Warenhausensemble. Nicht weit davon eröffnete übrigens 1901 Peek & Cloppenburg das eines seiner ersten zwei Kaufhäuser in Deutschland.
Karte: Straube-Plan 1910, Landesarchiv Berlin, Histomap Berlin
Die Leerstelle
Heute ist diese Gegend im ehemaligen Cölln (die heute Fischerinsel genannt wird) vor allem vom Autoverkehr und der tosenden B1 geprägt. Daneben gibt es Wohntürme, Bürogebäude und einzelne Ladenpassagen. Drumherum dominieren noch immer die Brachen, oft als Parkplätze genutzt.
Heute ist diese Gegend im ehemaligen Cölln (die heute Fischerinsel genannt wird) vor allem vom Autoverkehr und der tosenden B1 geprägt. Daneben gibt es Wohntürme, Bürogebäude und einzelne Ladenpassagen. Drumherum dominieren noch immer die Brachen, oft als Parkplätze genutzt.
Berlin und das Königshaus, das war stets eine ambivalente Beziehung. Der Adel war schon seit dem frühen Mittelalter in der Stadt. Doch mit der Entscheidung der Hohenzollern, ihre ständige Residenz zentral auf die Cöllner Spreeinsel zu setzen, brachten sie das Bürgertum gegen sich auf. Berlin und Cölln wollten ihre Autonomie bewahren und begehrten gegen die „Zwingburg“ auf. Sie unterlagen. Die Hohenzollern bezogen 1451 nicht nur ihre Burg, sondern teilten die frisch fusionierte Doppelstadt zur Strafe wieder – und beraubten sie fast aller städtischer Privilegien. Diese Niederlage wirkt bis heute nach. Berlin hat im Vergleich mit anderen Städten noch heute ein vergleichsweise wenig ausgeprägtes bürgerliches Selbstbewusstsein.
Ab der Barockzeit zwangen die Hohenzollern den märkischen Adel in die Stadt. Mit der Nähe zum Hof wollten die Könige die Kontrolle sicherstellen. Also bauten nach den alten Patrizier- und Bürgerfamilien auch die Adelsgeschlechter teure Stadtpalais zum Schmuck der Residenz. Im Sommer weilte der Adel weiter meist auf seinen Landsitzen. Doch im Winter spielte sich das gesellschaftliche Leben um den Hof in Cölln ab. Man veranstaltete in den Palais große Bälle, um die Kinder zu verheiraten oder Geschäfte anzubahnen. Die Berliner Palais präsentierten sich nach außen eher zurückhaltend-schlicht. Ihre Pracht kehrten sie nach innen. Von den 36 Stadtpalästen aus der Zeit von 1680 bis 1780 sind nur noch fünf erhalten: Podewils, Schwerin, Glasenapp, Schönebeck und Happe.
Das Kaiser-Wilhelm-Denkmal und das Eosander-Portal des Stadtschlosses um 1900.Foto: Wikipedia
Der Kaiser war 1920 schon zwei Jahre weg. Aber das Stadtschloss war noch da. Über Jahrhunderte prägte das Bauwerk die Berliner Silhouette. Obwohl es gar nicht offiziell zur Stadt gehörte. Es stand im „Gutsbezirk Schloss“, sozusagen dem Vatikan Berlins. Dabei behielt das Königshaus stets seinen ambivalenten Charakter: Einerseits war es Mittelpunkt, größtes Gebäude und erste Sehenswürdigkeit der Stadt. Anderseits erinnerte es das stolze Bürgertum stets an die Unterwerfung durch die Hohenzollern.
Der Kaiser war 1920 schon zwei Jahre weg. Aber das Stadtschloss war noch da. Über Jahrhunderte prägte das Bauwerk die Berliner Silhouette. Obwohl es gar nicht offiziell zur Stadt gehörte. Es stand im „Gutsbezirk Schloss“, sozusagen dem Vatikan Berlins. Dabei behielt das Königshaus stets seinen ambivalenten Charakter: Einerseits war es Mittelpunkt, größtes Gebäude und erste Sehenswürdigkeit der Stadt. Anderseits erinnerte es das stolze Bürgertum stets an die Unterwerfung durch die Hohenzollern.
Karte: Straube-Plan 1910, Landesarchiv Berlin, Histomap Berlin
Das Ende der Könige
Nach dem Ende der Monarchie wurde auch das Stadtschloss offiziell Teil von Berlin. Im Zuge des Groß-Berlin-Gesetzes von 1920 wurde der „Gutsbezirk Schloss“ aufgelöst. Danach wandelte es sich zur Kultur-Location: 1921 wurde es zum „Schlossmuseum“ und nahm unter anderem das Kunstgewerbemuseum Berlin auf.
Nach dem Ende der Monarchie wurde auch das Stadtschloss offiziell Teil von Berlin. Im Zuge des Groß-Berlin-Gesetzes von 1920 wurde der „Gutsbezirk Schloss“ aufgelöst. Danach wandelte es sich zur Kultur-Location: 1921 wurde es zum „Schlossmuseum“ und nahm unter anderem das Kunstgewerbemuseum Berlin auf.
Im Zweiten Weltkrieg brannte das Schloss aus und wurde 1950 für die Anlage des „Marx-Engels-Platzes“ gesprengt, 1976 bis 2008 stand hier der „Palast der Republik“, Sitz der DDR-Volkskammer. Auch der wurde abgerissen. Derzeit wird gerade der Nachbau des Schlosses fertiggestellt. Dann heißt es „Humboldt-Forum“.
Im Zweiten Weltkrieg brannte das Schloss aus und wurde 1950 für die Anlage des „Marx-Engels-Platzes“ gesprengt, 1976 bis 2008 stand hier der „Palast der Republik“, Sitz der DDR-Volkskammer. Auch der wurde abgerissen. Derzeit wird gerade der Nachbau des Schlosses fertiggestellt. Dann heißt es „Humboldt-Forum“.
Es war eines der schönsten barocken Stadtpalais der Altstadt. Noch 1928 stand das Palais Schwerin fast unverändert so, wie es mehr als 200 Jahre vorher errichtet wurde – wenngleich inzwischen ein Möbelhaus eingezogen war. Ab 1794 bildete das Schwerin für ein Jahrhundert gemeinsam mit dem Polizeipräsidium im benachbarten Palais Barfus das Zentrum der Berliner Kriminalitätsbekämpfung. Im Palais hatte das Königliche Kriminalgericht seinen Sitz, im Hinterhof das Stadtgefängnis für die einfachen Bürger. Manche der Zellen hatten sogar Spreeblick. 1890 wurde der Standort zu klein und die "Rote Burg" als neues Polizeipräsidium am Alex gebaut. Die einstigen Zellen bekamen größere Fenster und wurden in Familienwohnungen umgewandelt.
Es war eines der schönsten barocken Stadtpalais der Altstadt. Noch 1928 stand das Palais Schwerin fast unverändert so, wie es mehr als 200 Jahre vorher errichtet wurde – wenngleich inzwischen ein Möbelhaus eingezogen war. Ab 1794 bildete das Schwerin für ein Jahrhundert gemeinsam mit dem Polizeipräsidium im benachbarten Palais Barfus das Zentrum der Berliner Kriminalitätsbekämpfung. Im Palais hatte das Königliche Kriminalgericht seinen Sitz, im Hinterhof das Stadtgefängnis für die einfachen Bürger. Manche der Zellen hatten sogar Spreeblick. 1890 wurde der Standort zu klein und die "Rote Burg" als neues Polizeipräsidium am Alex gebaut. Die einstigen Zellen bekamen größere Fenster und wurden in Familienwohnungen umgewandelt.
Die Fassade des Palais Schwerin mit den neuen Anbauten im Jahr 2010.Quelle: Wikipedia
1937 wurde das Palais Schwerin zum großen Teil abgetragen und umgebaut. Nur die Fassade blieb quasi unangetastet. Sie wurde in den Neubau der Reichsmünze integriert, wo Münzen der Reichsmark produziert wurden. Später wurden DDR-Münzen dort geprägt, dann D-Mark – und noch bis 2006 Euro. Heute ist die alte Fassade noch immer Teil der „Alten Münze”. 2018 beschloss das Abgeordnetenhaus, sie als Kultur- und Kreativstandort zu erhalten. Im Januar 2020 gab Klaus Lederer bekannt, dass hier ein Zentrum für Jazz und Impro-Musik entstehen soll.
1937 wurde das Palais Schwerin zum großen Teil abgetragen und umgebaut. Nur die Fassade blieb quasi unangetastet. Sie wurde in den Neubau der Reichsmünze integriert, wo Münzen der Reichsmark produziert wurden. Später wurden DDR-Münzen dort geprägt, dann D-Mark – und noch bis 2006 Euro. Heute ist die alte Fassade noch immer Teil der „Alten Münze”. 2018 beschloss das Abgeordnetenhaus, sie als Kultur- und Kreativstandort zu erhalten. Im Januar 2020 gab Klaus Lederer bekannt, dass hier ein Zentrum für Jazz und Impro-Musik entstehen soll.
Blick in die Waisenstraße mit dem Palais Podewils (links) und der Parochialkirche (rechts) auf einer Fotopostkarte um 1910.Bild: akg-images
In der südlichen Klosterstraße kann man heute noch etwas von der Stimmung spüren, die einst in der Berliner Altstadt herrschte. Hier sind die meisten erhaltenen historischen Gebäude in Berlin zu finden, darunter das Palais Podewils direkt neben der Parochialkirche.
Es stammt im Kern aus dem Jahr 1704, gebaut für den Hofrat Rademacher. 1732 kaufte es der Staatsminister Podewils, 1874 übernahm die Stadt das Gebäude. Seither wurde es für alle möglichen Zwecke genutzt, etwa für die Sparkasse. Ab 1937 saß hier der Bezirksbürgermeister von Mitte.
In der südlichen Klosterstraße kann man heute noch etwas von der Stimmung spüren, die einst in der Berliner Altstadt herrschte. Hier sind die meisten erhaltenen historischen Gebäude in Berlin zu finden, darunter das Palais Podewils direkt neben der Parochialkirche.
Es stammt im Kern aus dem Jahr 1704, gebaut für den Hofrat Rademacher. 1732 kaufte es der Staatsminister Podewils, 1874 übernahm die Stadt das Gebäude. Seither wurde es für alle möglichen Zwecke genutzt, etwa für die Sparkasse. Ab 1937 saß hier der Bezirksbürgermeister von Mitte.
Karte: Straube-Plan 1910, Landesarchiv Berlin, Histomap Berlin
Die Jugend zieht ein
Palais Podewils heute (2009).Quelle: Wikipedia
Nach dem Krieg wurde das zerstörte Haus als Zentrale der "Freien Deutschen Jugend" (FDJ) wiederaufgebaut und in "Podewil" (ohne S) umbenannt. Später war es das "Haus der jungen Talente". Heute dient es als städtisches Kulturzentrum.
Nach dem Krieg wurde das zerstörte Haus als Zentrale der "Freien Deutschen Jugend" (FDJ) wiederaufgebaut und in "Podewil" (ohne S) umbenannt. Später war es das "Haus der jungen Talente". Heute dient es als städtisches Kulturzentrum.
Es war das letzte erhaltene mittelalterliche Wohngebäude Berlins. Das Wins-Haus stammte im Kern aus dem 15. Jahrhundert. Es stand an der nordöstlichen Ecke des Rathauses und wurde nach dem Großen Stadtbrand im 14. Jahrhundert als eines der ersten Häuser Berlins in massiver Backsteinbauweise errichtet, damit es nicht wieder dem Feuer zum Opfer fällt. Im 16. Jahrhundert kaufte es dann die bekannte Patrizierfamilie Wins. Anfang des 20. Jahrhunderts war es bereits in Wohnungen aufgeteilt. Im Erdgeschoss hatte das Wirtshaus "Alt-Berlin" sein Zuhause.
Es war das letzte erhaltene mittelalterliche Wohngebäude Berlins. Das Wins-Haus stammte im Kern aus dem 15. Jahrhundert. Es stand an der nordöstlichen Ecke des Rathauses und wurde nach dem Großen Stadtbrand im 14. Jahrhundert als eines der ersten Häuser Berlins in massiver Backsteinbauweise errichtet, damit es nicht wieder dem Feuer zum Opfer fällt. Im 16. Jahrhundert kaufte es dann die bekannte Patrizierfamilie Wins. Anfang des 20. Jahrhunderts war es bereits in Wohnungen aufgeteilt. Im Erdgeschoss hatte das Wirtshaus "Alt-Berlin" sein Zuhause.
Karte: Straube-Plan 1910, Landesarchiv Berlin, Histomap Berlin
Kein Parteihochhaus und kein Denkmal für Antifaschisten
Das geschichtsträchtige Gebäude überstand den Bombenkrieg fast unbeschadet, wurde jedoch 1955 trotz Protesten des Denkmalschutzes abgerissen. Hier wollte die DDR das Zentrale Partei-Hochhaus oder das Denkmal für die Internationale Vereinigung der Antifaschisten bauen. Dazu kam es nie. Stattdessen legte man eine Rasenfläche mit Parkplätzen an. Heute ist sie Teil der Freifläche „Park am Fernsehturm“.
Das geschichtsträchtige Gebäude überstand den Bombenkrieg fast unbeschadet, wurde jedoch 1955 trotz Protesten des Denkmalschutzes abgerissen. Hier wollte die DDR das Zentrale Partei-Hochhaus oder das Denkmal für die Internationale Vereinigung der Antifaschisten bauen. Dazu kam es nie. Stattdessen legte man eine Rasenfläche mit Parkplätzen an. Heute ist sie Teil der Freifläche „Park am Fernsehturm“.
Die Alte Synagoge auf einer Radierung von Friedrich August Calau.Foto: Wikipedia / F. A. Calau
Die Alte Synagoge war das erste bekannte jüdische Gotteshaus in Berlin. Der Bau einer repräsentativen Synagoge war der Gemeinde lange verboten, es gab nur kleinere private Bethäuser. Auf einem Gartengrundstück zwischen Heidereutergasse und Rosenstraße durfte 1714 schließlich die "Große Synagoge" errichtet werden. Bedingung war, dass sie nicht von der Straße aus zu sehen sei. Die Synagoge durfte nicht die Häuser überragen, die sie von allen Seiten umgaben.
So blieb das Herz des jüdischen Lebens in Berlin für Unwissende unsichtbar – und wohl auch deshalb in der Pogromnacht 1938 unversehrt. Dennoch prägte die Synagoge das Viertel entlang der Rosenstraße und zog weitere Juden an. Sie wurde allerdings irgendwann zu klein für die wachsende Jüdische Gemeinde. 1866 eröffnete daher die Neue Synagoge in der Oranienburger Straße.
Die Alte Synagoge war das erste bekannte jüdische Gotteshaus in Berlin. Der Bau einer repräsentativen Synagoge war der Gemeinde lange verboten, es gab nur kleinere private Bethäuser. Auf einem Gartengrundstück zwischen Heidereutergasse und Rosenstraße durfte 1714 schließlich die "Große Synagoge" errichtet werden. Bedingung war, dass sie nicht von der Straße aus zu sehen sei. Die Synagoge durfte nicht die Häuser überragen, die sie von allen Seiten umgaben.
So blieb das Herz des jüdischen Lebens in Berlin für Unwissende unsichtbar – und wohl auch deshalb in der Pogromnacht 1938 unversehrt. Dennoch prägte die Synagoge das Viertel entlang der Rosenstraße und zog weitere Juden an. Sie wurde allerdings irgendwann zu klein für die wachsende Jüdische Gemeinde. 1866 eröffnete daher die Neue Synagoge in der Oranienburger Straße.
Karte: Straube-Plan 1910, Landesarchiv Berlin, Histomap Berlin
Grünanlage statt Gotteshaus
Heidereutergasse Grünanlage 2011.Foto: Wikipedia.
Die letzten Gottesdienste in der nun umbenannten „Alten Synagoge“ fanden im November 1942 statt. 1945 wurde das Haus durch Bomben zerstört. Heute befindet sich dort eine Grünanlage. Nur eine Gedenktafel erinnert noch an die Synagoge.
Die letzten Gottesdienste in der nun umbenannten „Alten Synagoge“ fanden im November 1942 statt. 1945 wurde das Haus durch Bomben zerstört. Heute befindet sich dort eine Grünanlage. Nur eine Gedenktafel erinnert noch an die Synagoge.
Die Stadtplätze muteten mit Ausnahme des Schlossplatzes eher kleinbürgerlich-provinziell als pompös und weltstädtisch an. Der Molkenmarkt und der Neue Markt wurden erst nach der Aufgabe der Wochenmärkte Ende des 19. Jahrhunderts mit recht bescheidenen Mitteln zu „Schmuckplätzen“ umgestaltet. Dabei behandelten die Preußen-Könige die Altstadt vergleichsweise stiefmütterlich. Dennoch versprühten auch im alten Berlin viele Ecken ihren ganz eigenen Glanz. Das gilt besonders für die Königstraße, das Schmuckstück der Berliner Altstadt.
Blick vom Roten Rathaus in die Königstraße Richtung Alexanderplatz im Jahr 1910. Im Vordergrund die Kreuzung Klosterstraße.Bild: dpa
Die Königstraße war die alte Hauptstraße Berlins, bevor die Linden ihr diesen Rang abliefen. Sie war schon seit dem Mittelalter – damals als Oderberger Straße – die wichtigste Verkehrs- und Handelsachse. Und sie war lange die begehrteste Wohnlage der Stadt. Hier befanden sich viele Patrizierhäuser. Sie führte mitten durch die Stadt, vom Alexanderplatz vor der alten Stadtmauer durch das Königstor am Rathaus vorbei auf die Brücke zu, die erst Lange Brücke, dann Kurfürstenbrücke und seit 1951 Rathausbrücke heißt.
Die Königstraße war die alte Hauptstraße Berlins, bevor die Linden ihr diesen Rang abliefen. Sie war schon seit dem Mittelalter – damals als Oderberger Straße – die wichtigste Verkehrs- und Handelsachse. Und sie war lange die begehrteste Wohnlage der Stadt. Hier befanden sich viele Patrizierhäuser. Sie führte mitten durch die Stadt, vom Alexanderplatz vor der alten Stadtmauer durch das Königstor am Rathaus vorbei auf die Brücke zu, die erst Lange Brücke, dann Kurfürstenbrücke und seit 1951 Rathausbrücke heißt.
Karte: Straube-Plan 1910, Landesarchiv Berlin, Histomap Berlin
Autos statt Gassen
Die Königstraße war lange die repräsentativste Straße der Stadt. Im 19. Jahrhundert übernahmen die Linden mehr und mehr die Schmuckfunktion, die Königstraße wurde zur belebten Einkaufs- und Flaniermeile. Hier konzentrierten sich Kaufhäuser, Cafés und Boutiquen – zum Beispiel die Warenhäuser N. Israel und Gadiel. Der endgültige Niedergang der Königstraße begann Anfang des 20. Jahrhunderts, als sie zunächst autogerecht verbreitert werden sollte. Auf diesen Luftbildern von 1928 ist noch immer gut zu sehen, wie eng bebaut die Gegend war. Aber am neuen Wertheim-Kaufhaus am Königstor erkennt man schon die neu geplante Breite der kompletten Straßen.
Die Königstraße war lange die repräsentativste Straße der Stadt. Im 19. Jahrhundert übernahmen die Linden mehr und mehr die Schmuckfunktion, die Königstraße wurde zur belebten Einkaufs- und Flaniermeile. Hier konzentrierten sich Kaufhäuser, Cafés und Boutiquen – zum Beispiel die Warenhäuser N. Israel und Gadiel. Der endgültige Niedergang der Königstraße begann Anfang des 20. Jahrhunderts, als sie zunächst autogerecht verbreitert werden sollte. Auf diesen Luftbildern von 1928 ist noch immer gut zu sehen, wie eng bebaut die Gegend war. Aber am neuen Wertheim-Kaufhaus am Königstor erkennt man schon die neu geplante Breite der kompletten Straßen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg verschwand die alte Prachtstraße dann völlig. Die DDR benannte sie in Rathausstraße um, machte eine Fußgängerpassage aus ihr und riss mit Ausnahme des Rathauses alle noch stehenden Häuser ab. Auf der östlichen Seite entstanden die Rathaus-Passagen, auf der westlichen der Fernsehturm und das Marx-Engels-Forum.
Nach dem Zweiten Weltkrieg verschwand die alte Prachtstraße dann völlig. Die DDR benannte sie in Rathausstraße um, machte eine Fußgängerpassage aus ihr und riss mit Ausnahme des Rathauses alle noch stehenden Häuser ab. Auf der östlichen Seite entstanden die Rathaus-Passagen, auf der westlichen der Fernsehturm und das Marx-Engels-Forum.
Der Molkenmarkt 1902, im Hintergrund das Rote Rathaus.Bild: Wikipedia
Ein kleines Stück zurück die Königstraße, rechts vor dem Roten Rathaus, lag der Molkenmarkt, Wiege Berlins, der älteste Ort der Stadt, seit dem Mittelalter Warenumschlagplatz und Verkehrsknotenpunkt direkt an der Spree. Bis zum 17. Jahrhundert hieß der Platz Alter Markt, danach wurde er nach dem nahen Mühlendamm benannt. Zwischendurch wurde er von Friedrich I. sogar zum „Königsplatz“ umgetauft und mit einer Statue des Fürsten versehen. Ab dem 18. Jahrhundert ließen sich wohlhabende Familien Stadthäuser am Platz errichten, darunter die noch heute erhaltenen Palais Schwerin und Ephraim.
Seit 1910 sollte die nördliche Bebauung des Molkenmarkts vor dem Alten Stadthaus abgerissen werden. Hier sollte ein Zentrum für die Stadtverwaltung entstehen – das „dritte Rathaus“. Zu dem Bau kam es nie.
Ein kleines Stück zurück die Königstraße, rechts vor dem Roten Rathaus, lag der Molkenmarkt, Wiege Berlins, der älteste Ort der Stadt, seit dem Mittelalter Warenumschlagplatz und Verkehrsknotenpunkt direkt an der Spree. Bis zum 17. Jahrhundert hieß der Platz Alter Markt, danach wurde er nach dem nahen Mühlendamm benannt. Zwischendurch wurde er von Friedrich I. sogar zum „Königsplatz“ umgetauft und mit einer Statue des Fürsten versehen. Ab dem 18. Jahrhundert ließen sich wohlhabende Familien Stadthäuser am Platz errichten, darunter die noch heute erhaltenen Palais Schwerin und Ephraim.
Seit 1910 sollte die nördliche Bebauung des Molkenmarkts vor dem Alten Stadthaus abgerissen werden. Hier sollte ein Zentrum für die Stadtverwaltung entstehen – das „dritte Rathaus“. Zu dem Bau kam es nie.
Karte: Straube-Plan 1910, Landesarchiv Berlin, Histomap Berlin
Aufmärsche statt Altstadt
1936 machten die Nazis den Block dennoch für die Anlage eines Aufmarschplatzes dem Erdboden gleich. Ironischerweise nannten sie diese neue Leerfläche „Altstadtforum“. Heute ist dies der Parkplatz vor dem Alten Stadthaus. Gleichzeitig wurde die Westseite für die Verbreiterung des Mühlendamms abgerissen, auch das Ephraim-Palais musste weichen und wurde 15 Meter nach Westen versetzt wiederaufgebaut. Das bereitete die heutige Verkehrsschneise Grunerstraße vor, die die DDR durch das Viertel schlug. In Zukunft ist geplant, dass die Straße verengt, die Nordseite bebaut und somit der Molkenmarkt wieder ein wenig als der Platz erkennbar wird, der er einmal war.
1936 machten die Nazis den Block dennoch für die Anlage eines Aufmarschplatzes dem Erdboden gleich. Ironischerweise nannten sie diese neue Leerfläche „Altstadtforum“. Heute ist dies der Parkplatz vor dem Alten Stadthaus. Gleichzeitig wurde die Westseite für die Verbreiterung des Mühlendamms abgerissen, auch das Ephraim-Palais musste weichen und wurde 15 Meter nach Westen versetzt wiederaufgebaut. Das bereitete die heutige Verkehrsschneise Grunerstraße vor, die die DDR durch das Viertel schlug. In Zukunft ist geplant, dass die Straße verengt, die Nordseite bebaut und somit der Molkenmarkt wieder ein wenig als der Platz erkennbar wird, der er einmal war.
Cöllnischer Fischmarkt samt Rathaus im Jahr 1784.Bild: J. G. Rosenberg/Wikipedia
Das historische Zentrum der vergessenen Stadt Cölln war der Fischmarkt. Hier stand bis 1900 auch das Cöllnische Rathaus. Vor dem endgültigen Zusammenschluss mit Berlin 1710 war Cölln lange eine eigenständige Stadt mit engen Beziehungen zum benachbarten Berlin. Sie wurde vermutlich als Fernhandelsplatz gegründet – strategisch günstig gelegen an der Kreuzung mehrerer Handelsrouten an einer Spreefurt.
Cölln lag auf der heutigen Spreeinsel auf dem Gebiet zwischen Schlossplatz und „Fischerinsel“. Hier ließen die Hohenzollern 1451 ihre Zwingburg errichten, aus der später das Schloss wurde. Der Cöllnische Fischmarkt bildete gemeinsam mit dem Mühlendamm und dem dahinter liegenden Molkenmarkt in Berlin über Jahrhunderte das Geschäftszentrum der zwischenzeitlichen Hansestadt. Kaufleute und Patrizier ließen sich in unmittelbarer Nähe des Fischmarktes nieder, die abgehenden Breite Straße und Brüderstraße galten als vornehme Wohngegenden. 1920 stand anstelle des Rathauses bereits das Warenhaus Rudolph Hertzog, das einen ganzen Block umfasste.
Das historische Zentrum der vergessenen Stadt Cölln war der Fischmarkt. Hier stand bis 1900 auch das Cöllnische Rathaus. Vor dem endgültigen Zusammenschluss mit Berlin 1710 war Cölln lange eine eigenständige Stadt mit engen Beziehungen zum benachbarten Berlin. Sie wurde vermutlich als Fernhandelsplatz gegründet – strategisch günstig gelegen an der Kreuzung mehrerer Handelsrouten an einer Spreefurt.
Cölln lag auf der heutigen Spreeinsel auf dem Gebiet zwischen Schlossplatz und „Fischerinsel“. Hier ließen die Hohenzollern 1451 ihre Zwingburg errichten, aus der später das Schloss wurde. Der Cöllnische Fischmarkt bildete gemeinsam mit dem Mühlendamm und dem dahinter liegenden Molkenmarkt in Berlin über Jahrhunderte das Geschäftszentrum der zwischenzeitlichen Hansestadt. Kaufleute und Patrizier ließen sich in unmittelbarer Nähe des Fischmarktes nieder, die abgehenden Breite Straße und Brüderstraße galten als vornehme Wohngegenden. 1920 stand anstelle des Rathauses bereits das Warenhaus Rudolph Hertzog, das einen ganzen Block umfasste.
Karte: Straube-Plan 1910, Landesarchiv Berlin, Histomap Berlin
Die Friedrichsgracht
Die Friedrichsgracht am Westufer der Cöllner Spreeinsel, 1909. Im Vordergrund die Jungfernbrücke, hinten ist die Schlosskuppel zu sehen.Bild: Wikipedia / W.F.H.
Die Uferzeile an der Spree war ein beliebtes Foto- und Postkartenmotiv. Sie war gesäumt mit pittoresken Häusern aus dem 17. Jahrhundert. Hier lebten zunächst vor allem Hofbeamte und Patrizier, später auch Kleinbürger wie Handwerker, meist in Stockwerkseigentum. Eines dieser typischen Altstadt-Häuser stand in der Friedrichsgracht 15. Es erlebte eine spannende Geschichte.
Die Uferzeile an der Spree war ein beliebtes Foto- und Postkartenmotiv. Sie war gesäumt mit pittoresken Häusern aus dem 17. Jahrhundert. Hier lebten zunächst vor allem Hofbeamte und Patrizier, später auch Kleinbürger wie Handwerker, meist in Stockwerkseigentum. Eines dieser typischen Altstadt-Häuser stand in der Friedrichsgracht 15. Es erlebte eine spannende Geschichte.
Karte: Straube-Plan 1910, Landesarchiv Berlin, Histomap Berlin
Von Cölln keine Spur mehr
Nach Kriegsschäden wurde die komplette Straße abgerissen. Der südliche Teil Cöllns inklusive des Fischmarkts verschwand nahezu vollständig durch Verkehrsplanungen und Krieg. In der DDR wurde an dieser Stelle das Hochhausviertel „Fischerinsel“ errichtet. Nur das Haus Friedrichsgracht 15 überlebte. Es wurde am gegenüberliegenden Märkischen Ufer 12 im Jahr 1969 vereinfacht wiederaufgebaut.
Nach Kriegsschäden wurde die komplette Straße abgerissen. Der südliche Teil Cöllns inklusive des Fischmarkts verschwand nahezu vollständig durch Verkehrsplanungen und Krieg. In der DDR wurde an dieser Stelle das Hochhausviertel „Fischerinsel“ errichtet. Nur das Haus Friedrichsgracht 15 überlebte. Es wurde am gegenüberliegenden Märkischen Ufer 12 im Jahr 1969 vereinfacht wiederaufgebaut.
Der noch vollständig bebaute Neue Markt mit Marienkirche 1785.Bild: Wikipedia/J.G. Rosenberg
Er befand sich zwischen Marienkirche und Spandauer Straße. Der Neue Markt wurde Ende des 13. Jahrhunderts angelegt, als die Stadt immer weiterwuchs – und übernahm die Funktion als Hauptmarkt Berlins, als der Alte Markt, der Molkenmarkt, zu klein wurde. Bis zum Bau der Zentralmarkthalle am Alexanderplatz 1886 gehörte der Platz zu den wichtigsten Wochenmärkten. Fast genauso lange diente der Neue Markt als ein politisches Zentrum. Hier wurde das Hochgericht über besonders schwere Verbrechen abgehalten. Und bis 1720 wurden hier zahlreiche Menschen öffentlich hingerichtet.
Der Neue Markt war ein pittoreskes Ensemble aus Wohn- und Geschäftshäusern. Durch den Lärm und den Geruch des Markttreibens war er nie wirklich vornehm wie die Spandauer Straße oder die Brüderstraße. Nach dem Ende der Marktnutzung wurde er zwar zum Schmuckplatz aufgewertet. Er bekam Rasenflächen, Bäume, Schmuckpflaster und das Luther-Denkmal. Dennoch wandelte sich der Neue Markt nicht zur bevorzugten Adresse, keine Stadtpalais wurden errichtet. Das Kleinbürgertum dominierte bis zum Ende.
Er befand sich zwischen Marienkirche und Spandauer Straße. Der Neue Markt wurde Ende des 13. Jahrhunderts angelegt, als die Stadt immer weiterwuchs – und übernahm die Funktion als Hauptmarkt Berlins, als der Alte Markt, der Molkenmarkt, zu klein wurde. Bis zum Bau der Zentralmarkthalle am Alexanderplatz 1886 gehörte der Platz zu den wichtigsten Wochenmärkten. Fast genauso lange diente der Neue Markt als ein politisches Zentrum. Hier wurde das Hochgericht über besonders schwere Verbrechen abgehalten. Und bis 1720 wurden hier zahlreiche Menschen öffentlich hingerichtet.
Der Neue Markt war ein pittoreskes Ensemble aus Wohn- und Geschäftshäusern. Durch den Lärm und den Geruch des Markttreibens war er nie wirklich vornehm wie die Spandauer Straße oder die Brüderstraße. Nach dem Ende der Marktnutzung wurde er zwar zum Schmuckplatz aufgewertet. Er bekam Rasenflächen, Bäume, Schmuckpflaster und das Luther-Denkmal. Dennoch wandelte sich der Neue Markt nicht zur bevorzugten Adresse, keine Stadtpalais wurden errichtet. Das Kleinbürgertum dominierte bis zum Ende.
Der Neue Markt verschwand schrittweise. Die Nordseite wurde bei der Umgestaltung zum Schmuckplatz abgerissen, die westliche 1888 beim Durchbruch der Kaiser-Wilhelm-Straße, der heutigen Karl-Liebknecht-Straße. 1920 stand hier bereits nur noch ein Teil des Platzes. Der Rest wurde im Krieg beschädigt und später abgerissen. Wo jahrhundertelang Berlinerinnen und Berliner ihre Lebensmittel kauften, erinnert heute nur noch die Marienkirche an den einstigen Marktplatz. Er ist heute Teil der großen Freifläche im Schatten des Fernsehturms.
Der Neue Markt verschwand schrittweise. Die Nordseite wurde bei der Umgestaltung zum Schmuckplatz abgerissen, die westliche 1888 beim Durchbruch der Kaiser-Wilhelm-Straße, der heutigen Karl-Liebknecht-Straße. 1920 stand hier bereits nur noch ein Teil des Platzes. Der Rest wurde im Krieg beschädigt und später abgerissen. Wo jahrhundertelang Berlinerinnen und Berliner ihre Lebensmittel kauften, erinnert heute nur noch die Marienkirche an den einstigen Marktplatz. Er ist heute Teil der großen Freifläche im Schatten des Fernsehturms.
Nun, wo der Nachbau des Schlosses als Humboldt-Forum bald eröffnet wird, ist die Zeit gekommen, wieder ohne Scheuklappen über Gegenwart und Zukunft dieses historisch bedeutsamsten Orts der deutschen Hauptstadt zu reden. So schmerzhaft die Beschäftigung mit diesem Areal auch sein mag, an dem sich mehrere Regime abgearbeitet und dabei fast nichts übriggelassen haben.
Dazu muss man zunächst darüber reden, was die alte Mitte Berlins eigentlich genau war. Viele Berlinerinnen und Berliner registrieren diesen Raum heute vor allem als eine Art Verkehrshindernis, durch das man möglichst schnell hindurchfahren sollte. Sie wissen vielleicht nicht, dass hier überall Berlin in seiner ursprünglichen Form durchscheint. Hier nahm die Entwicklung zu der Metropole, die wir heute kennen, vor fast 800 Jahren ihren Anfang.
Eine interaktive Karte des verlorenen Berlins
Einen weiteren Überblick über wichtige Orte der Berliner Altstadt bietet die folgende interaktive Karte. Darin finden Sie eine Vielzahl spannender Orte und kleiner Geschichten, die inzwischen zum größten Teil verschwunden oder vergessen sind. Sie können Karten aus unterschiedlichen Zeitschichten auswählen – und so zum Beispiel sehen, dass Theodor Fontane einst dort wohnte, wo heute Marx und Engels stehen.
Klicken Sie auf einzelne Orte für die Geschichten zu den Gebäuden und Plätzen!