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Auf der Suche nach den besten Japanischen Ramen

Eine Suppe, die süchtig macht. Der Student Tran Nam Nguyen hat in zwei Jahren 500 Portionen des japanischen Nationalgerichts gegessen - und noch viel mehr gekocht. Hier kann man sie probieren.
Eine Suppe, die süchtig macht. Der Student Tran Nam Nguyen hat in zwei Jahren 500 Portionen des japanischen Nationalgerichts gegessen - und noch viel mehr gekocht. Hier kann man sie in Berlin probieren.

Es gibt Obsessionen, die kann man exakt in Zahlen messen. Die von Tran Nam Nguyen auf jeden Fall. 38 Prozent Hydration braucht sein Teig, 14 Prozent Protein das Weizenmehl Typ 405. 0,6 Prozent Natrium- und 0,4 Prozent Kaliumcarbonat müssen hinein sowie ein Prozent Salz. Das ist seine Formel für perfekte Ramen für die Suppe, die er gerade kocht. „So bleiben sie schön fest und halten länger ihren Peak in der heißen Brühe.“

In Japan war der 24-Jährige noch nie. Eine sehr klare Vorstellung, wie Ramen zu sein haben – das inoffizielle Lieblingsessen der Japaner – hat er aber schon. Ngyuen, sanfte Stimme, kräftige Oberarme, wuchtet einen 40 Liter-Topf mit Röhren- und Nackenknochen von der Herdplatte und gießt das kochend heiße Wasser in den Ausguss. Moment, das ist doch gute Brühe! „Ich möchte die Knochen erst reinigen. Es dauert 30 Minuten, bis aus denen Geschmack rauskommt, die sind sehr „dense“, sagt er und ergänzt: „Ich hoffe, das ist okay, dass ich englische Wörter benutze.“

Tran Nam Nguyen hat in den vergangenen zwei Jahren etwa 500 Portionen Ramen gegessen - und noch viel mehr gekocht. Foto: Tran Nam Nguyen

In Japan sind Ramen ein Stück Popkultur. Es gibt TV-Shows, Magazine, Datenbanken, Museen, Journalisten, die sich nur mit der Nudelsuppe beschäftigen. Allein in Tokio existieren 5000 Imbisse, die die fettige, vollmundige Umami-Bombe in unzähligen Varianten verkaufen.

Drei Tage kochen, zehn Minuten essen

Ramen seien seine Rettung vor der Langeweile des Lockdowns gewesen, erzählt Nguyen. Gekocht hat der 24-Jährige immer schon gerne, gegessen sowieso. Seine Mutter tischte zu Hause in Köpenick vietnamesische Hausmannskost auf – Pho, süßsaure Rippchen, geschmorten Schweinebauch, Nudelsuppen auf Fischbasis. Er selbst rezensiert seit vier Jahren als foodie.t.nam auf Instagram Restaurants und vor allem asiatische Imbisse, mit denen er ziemlich streng ins Gericht geht, wenn ihm etwas nicht schmeckt. Mittlerweile betreibt er selbst eine Art Imbiss. Einmal im Monat nutzt er die Küche der Taqueria el Oso in der Markthalle Pfefferberg und kocht dort für ein Pop-up. Das nächste Mal kann man seine Suppen am Samstag, 29. Januar, dort essen.

Nudeln selbst zu machen schien ihm eine gute Idee vor fast zwei Jahren, als im ersten Lockdown in der Gastronomie die Lichter ausgingen. Nguyen kochte ein Ramen-Rezept von Sho Spaeth nach von der Seite „Serious Eats“, das seine Gerichte oft mit wissenschaftlichen Fakten garniert. Als Student der Lebensmitteltechnologie war er sofort gefesselt. Mehr als 500 Portionen Ramen hat er seither gegessen, und etwa 100 verschiedene Varianten ausprobiert.

Mehr zur Thailändischen Küche in Berlin gibt’s hier:

Oft kochte er drei Tage lang an einer Schüssel Nudelsuppe, die er in zehn Minuten verschlang. „Ramen sind Fastfood.“ Den ersten Löffel nimmt er am liebsten, wenn die Suppe so heiß ist, dass man sich noch die Zunge leicht verbrennt. „Wenn die Brühe kälter wird, schmeckt man andere Aromen, und sie wird etwas salziger.“

Das Geheimnis des roten Plastikeimers

Ramen-Fanatiker wie Nguyen gibt’s auf der ganzen Welt. Sie treffen sich in Chatforen wie „Reddit“, oder „Discord“. Es gilt als Ehrensache, dass man seine Geheimnisse teilt. Das tut auch der aktuell wohl berühmteste Ramen-Koch Japans. In einer Szene der Doku „Ramen Heads“ sagt Osamu Tomita, er verheimliche nichts, denn so wie er könne das ja doch keiner nachkochen. Geigen schmachten, Dampf steigt auf, ein Slow-Motion-Schwenk auf den Meister im blauen Kimono, der eine halbe Ewigkeit auf vier Töpfe blickt, in denen milchige Brühen blubbern, eine davon schon seit zwei Tagen, wie der Off-Kommentar flüstert. Aus diesen vier Brühen mischt er seine Suppe an, für die seine Fans stundenlang Schlange stehen. Einer sagt später in dem etwas unfreiwillig komischen Film, er sei schon 400 Mal da gewesen, immerhin ändere Tomita ja hin und wieder die Mehlmischung.

Im letzten Lockdown machte Nguyen seine Obsession ein Stück weit zum Geschäft. Er verkaufte seine selbst gemachten Ramen-Kits am Hackeschen Markt. Immer Dienstag- und Mittwochmittag stand er da mit seiner Metrokiste mit Tüten und wartete auf seine Kunden, die bei ihm über Instagram bestellt hatten. „Ich hab mich vor den Asiamarkt gestellt. Sah bestimmt bisschen komisch aus.“

Längst nicht so komisch wie das, was Christopher Selig am Zionskirchplatz etwa zur gleichen Zeit veranstaltet hat, ein anderer Berliner Ramenexperte. Er seilte seine Sets in einem roten Plastikeimer aus seiner Wohnung ab; unten warteten die Besteller. Mittlerweile vertreibt er die Nudelsuppen professioneller, über den Lieferdienst „Voilà“, in dem auch Spitzenköche Menüs anbieten.

Nguyen hat sie natürlich auch probiert. „Gehören zu den besten in Berlin“, sagt er anerkennend. Welche er sonst noch gerne isst? Die Tonkotsu-Ramen aus Schweineknochen von „Morimori“ in Kreuzberg . „Die kriegen die Cremigkeit gut hin und die Nudeln sind schön bissfest.“ Bei „Life“ in Neukölln am Maybachufer schätzt er die geschmackliche Tiefe der Brühe besonders. „Sie benutzen Niboshi, das sind getrocknete Sardinen, eine super Kombination mit der Sojasauce der Shoyubrühe, beides Umami-Knaller.“ Die Nudeln dort seien allerdings nicht selbst gemacht, was in Japan auch oft der Fall ist. Die beiden Filialen von „Takumi Nine“ importierten Ramen auch aus Japan. Er gehe lieber in die Chausseestraße. Beste Schale dort? „Die Noukou Tori Shio Ramen, eine weiße Brühe mit Hühnerfett. Die koch’ ich auch gern nach.“

Das Geld, das er mit seinen Pop-up-Veranstaltungen verdient, steckt er in seine Ausrüstung. Er hat mittlerweile einen Schnellkochtopf, eine Nudelmaschine und mehrere 40-Liter-Töpfe. Den Rest legt er sich zur Seite. Nach seinem Studium will er nämlich nach Japan reisen und zwei Freude besuchen, die er in einem Ramen-Forum kennengelernt hat. Am besten gleich zwei Monate will er bleiben. Gibt ja so viele Nudelsuppen zu probieren dort. „Dann essen wir drei, vier Bowls pro Tag.“ Mit 30 will er dann selbst ein Ramen-Restaurant eröffnen. Bis dahin braucht er Zeit.

Pop-up-Markthalle Pfefferberg, Schönhauser Allee 176, Prenzlauer Berg, Sa 29. Januar, 12-21 Uhr

Morimori, Oranienstr. 201, Kreuzberg, tägl. 12 – 22 Uhr

Life, Neukölln, Maybachufer 39, Mi – So 12 – 14.30 und 18 – 21 Uhr

Takumi Nine, Chausseestr. 124, Mitte, Mo – Fr 12 – 15, 17 – 21.30 Uhr, Sa / So 12 – 21 Uhr

Papaya & Pommes: Das Projekt

Die Serie Papaya & Pommes beschäftigt sich mit den Klimafolgen unserer Ernährung und internationaler Gastronomie.

In einer Videoserie begleiten wir dabei die Gastronomin Daeng Khamlao auf einer Suche. Sie befindet sich in einem inneren Konflikt. Für die gebürtige Thailänderin ist asiatisches Essen ein Stück ihrer Identität. Dabei sind die Zutaten oft von weither importiert und nicht immer klimafreundlich oder nachhaltig. Wie kann Daeng klimafreundlich kochen, ohne dabei auf die Gerichte aus ihrer Heimat zu verzichten?

In der Videoserie, die der Tagesspiegel mit der Berliner Produktionsfirma Schuldenberg Films entwickelt hat, begibt sie sich auf die Suche nach einer Lösung für ihr Dilemma. Daeng, die das Restaurant The Panda Noodle in Kreuzberg betreibt, besucht in fünf Folgen verschiedene internationale Restaurants und Essensprofis in Berlin und lässt sich ihre Küchen zeigen. Dabei versucht sie, herauszufinden: Wie klimaschädlich ist welche Art zu Kochen wirklich? Kann man weit gereiste Zutaten für thailändische, afrikanische oder indische Gerichte durch regionale Zutaten ersetzen? Oder ist das vielleicht gar nicht nötig? Sie findet dabei ungewöhnliche Gerichte – und vielleicht auch ein bisschen etwas von Berlins Küchen der Zukunft.

In der ersten Folge trifft Daeng die Ernährungsökonomin Ann-Cathrin Beermann und zeigt ihre eigene Küche. Ihr könnt die Serie direkt hier oder auf Youtube ansehen.

Der Autor

Felix Denk
Text
Veröffentlicht am 28. Januar 2022.
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